A7NEU: Kapitel 5: Demokratie stärken
Veranstaltung: | KüstenGrün Grundsatz |
---|---|
Antragsteller*in: | Georg Berner-Waindok (KV Wilhelmshaven) |
Status: | Modifiziert |
Eingereicht: | 01.07.2020, 10:52 |
Antragshistorie: | Version 1(01.07.2020) Version 1(28.08.2020) |
Veranstaltung: | KüstenGrün Grundsatz |
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Antragsteller*in: | Georg Berner-Waindok (KV Wilhelmshaven) |
Status: | Modifiziert |
Eingereicht: | 01.07.2020, 10:52 |
Antragshistorie: | Version 1(01.07.2020) Version 1(28.08.2020) Version 1 |
(217) Demokratie ermöglicht ein Leben in Würde und Freiheit. Vielfältige
Demokratie
bedeutet, dass wir als Gesellschaft unsere Lebensumstände mit gleichen
Beteiligungsmöglichkeiten gemeinsam gestalten. Souverän eines demokratischen
Staates sind
die Staatsbürger*innen, der Verantwortungsbereich der Demokratie ist die gesamte
Bevölkerung. Demokratie ist nicht auf einen formalen Prozess reduzierbar,
sondern
Leitprinzip für ein Miteinander in gleicher politischer Freiheit.
(218) Staatlich garantierte Freiheitsrechte, Minderheitenschutz und
Daseinsvorsorge, die
Beseitigung von Armut und Diskriminierung, der Zugang zu Bildung und
öffentlicher Meinungs-
und Willensbildung sowie ein ausreichendes Maß an Zeit für politische
Beteiligung gehören zu
einer freiheitlichen und vielfältigen Demokratie.
(219) Die Folgen demokratischer Entscheidungen reichen oft über den regionalen
oder
nationalen Rahmen hinaus. Daher müssen die globalen Auswirkungen in
Entscheidungsprozessen
immer berücksichtigt werden. Globalisierung erfordert transnationale
demokratische
Handlungsfähigkeit. Nur mit fairem Interessensausgleich und demokratischer
globaler
Kooperation können wir richtige und wirksame Antworten auf globale
Herausforderungen geben.
Um demokratische Handlungsfähigkeit in einer globalisierten Welt zu stärken,
soll sich die
EU perspektivisch weiterentwickeln zu einer Föderalen Europäischen Republik.
(220) Demokratie ohne Meinungsfreiheit ist undenkbar. In der Demokratie kann
jeder Mensch
seine Meinung frei äußern und jede*r muss Widerspruch zur eigenen Meinung
aushalten. Hass
und Hetze sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.
(221) Demokratie ist angewiesen auf Demokrat*innen. Die Freiräume einer starken
und
lebendigen Zivilgesellschaft sind zu schützen. Demokratie beginnt vor Ort. Ohne
ehrenamtliches Engagement würde unser Gemeinwesen nicht funktionieren.
Demokratie lebt von
Menschen, die sich für andere engagieren und unser Gemeinwesen mitgestalten – in
Bürgerinitiativen und Parteien, in Vereinen, Feuerwehren und Kirchen, in NGOs,
Gewerkschaften und Unternehmen, bei Demonstrationen, im Sportverein und in
Bewegungen.
Solches Engagement ist der Kitt, der unsere pluralistische Gesellschaft
zusammenhält,
deshalb muss Gemeinnützigkeit umfassend rechtlich abgesichert werden.
(222) Friedlicher zivilgesellschaftlicher Protest ist eine wichtige Ressource in
einer
lebendigen Demokratie.
(223) Die beste Verteidigung der parlamentarischen Demokratie ist ihre
Weiterentwicklung. Es
gilt, der Verknöcherung demokratischer Institutionen und Verfahren
entgegenzuwirken, um die
Demokratie lebendig zu halten. Durch Offenheit für neue
Beteiligungsmöglichkeiten wird
Vertrauensverlusten und einer einseitigen Interessenslage in demokratischen
Prozessen
entgegengewirkt.
(224) Repräsentationsdefizite machen die parlamentarische Demokratie angreifbar.
Ein
demokratisches Miteinander muss die Voraussetzungen für sein Fortbestehen immer
wieder neu
schaffen und Ausschlüssen und Repräsentationsdefiziten in den eigenen Strukturen
entgegenwirken. Eine vielfältige Gesellschaft muss sich in ihren demokratischen
Institutionen und Einrichtungen abbilden.
(225) Frauenrechte sind der Gradmesser der Demokratie. Frauen sollen an allen
demokratischen
Prozessen gleichberechtigt beteiligt und angemessen in den Parlamenten und
gesellschaftlichen Führungspositionen vertreten sein. Voraussetzung hierfür sind
Lebensbedingungen, die es ermöglichen, Erwerbsarbeit sowie Familien-,
gesellschaftliche und
politische Arbeit zu vereinbaren.
(226) Um sich demokratisch engagieren und sich souverän und selbstbestimmt
entscheiden zu
können, braucht es die Möglichkeit zur unabhängigen Information. Digitale
Plattformen, die
nicht von kommerziellen Interessen gesteuert sind, unabhängiger Journalismus in
freien
Medien, ein unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk sowie solide
Medienbildung von
Kindesbeinen an sind Impfschutz gegen demokratiefeindliche Kampagnen und Fake
News.
(227) Voraussetzung für Demokratie sind ein gewaltfreier Diskurs und die
Akzeptanz der
Menschenwürde sowie der unverletzlichen und unveräußerlichen Grund- und
Menschenrechte. Eine
Gesinnung, die dem oder der Einzelnen seine bzw. ihre individuellen Bedürfnisse
und
Interessen abspricht und die definieren will, wer dazugehört und wer nicht, ist
undemokratisch. Rassismus und Ausgrenzung widersprechen der Idee von politischer
Gleichheit.
Zivilcourage und rechtsstaatliche Maßnahmen gegen Hass und Entmenschlichung sind
zentral für
die Wehrhaftigkeit der vielfältigen Demokratie.
(228) Die Interessen von Menschen, die sozial an den Rand gedrängt sind, die
kaum Zugang zu
guter Bildung haben oder die unter den Anstrengungen von prekärer Arbeit leben,
sind häufig
unterrepräsentiert. Eine Garantie auf ein Existenzminimum, ausreichend Zeit für
politische
Beteiligung sowie die Möglichkeit zur sozialen und kulturellen Teilhabe sind
notwendige
Bedingungen für Demokratie.
(229) Unser Wirtschaftssystem unterliegt Werten und Regeln, wirtschaftliche
Staatsbürgerrechte sind Teil der demokratischen Rechte des Einzelnen. Die
sozial-ökologische
Marktwirtschaft ist über betriebliche Mitbestimmung, Aktionärsbeteiligung sowie
gewerkschaftliche Vertretung organisiert. All das braucht starke Gewerkschaften.
Im Sinne
der Gemeinwohlökonomie soll selbstverständlich sein, dass alle Stakeholder und
Betroffenen
ein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen erhalten.
(230) Verdeckte, einseitige Einflussnahme wirtschaftlich machtvoller Interessen
gefährdet
die Demokratie. Für klare Schranken sorgen Transparenz von beispielsweise
personellen
Verflechtungen oder Nebentätigkeiten politischer Entscheidungsträger*innen sowie
die
entschiedene Verfolgung von Korruption. So kann Lobbyismus von finanzstarken
Akteur*innen,
der anderen Interessen politische Spielräume nimmt und für unfaire
Aushandlungsprozesse
sorgt, kontrollier- und sanktionierbar werden.
(231) Die Ausbildung einer transnationalen und europäischen Öffentlichkeit ist
eine wichtige
Voraussetzung für eine funktionierende Zusammenarbeit und die Demokratisierung
der EU.
(232) Über Repräsentation und demokratisch geregelte Verfahren können sich
Meinungen,
Interessen und Vorstellungen zu Entscheidungen und Mehrheiten angemessen und
gerecht
bündeln. Das ist Grundlage demokratischer Machtausübung. Die parlamentarische
Demokratie
schafft so legitime Herrschaft der Menschen über sich selbst.
(233) Unsere Demokratie hat ein erhebliches Repräsentationsdefizit, wenn
Millionen
Jugendliche und Kinder ausgeblendet werden, obwohl sie von Geburt an
Staatsbürger*innen
sind. Entsprechend sollte im nächsten Schritt ein bundesweites Wahlrecht ab 16
gelten und
sollten weitere Beteiligungsmöglichkeiten auf allen Ebenen ausgebaut werden.
(234) Parlamente sind zentrale Orte der politischen Debatte und das Rückgrat
unserer
vielfältigen Demokratie. Abgeordnete brauchen Unabhängigkeit und starke
Kontrollrechte
gegenüber der Regierung. Parlamentarismus braucht das Ringen um beste Lösungen
zwischen
Regierung und Opposition. Gleichzeitig trägt inhaltliche Zusammenarbeit abseits
von starren
Fraktionsgrenzen wie im Europaparlament und in anderen europäischen Parlamenten
zum Finden
dieser Lösungen bei. Für das Vertrauen in demokratische Verfahren ist es
zentral, die
Nachvollziehbarkeit von Regeln, Prozessen und Ergebnissen gewährleisten zu
können.
(235) Ziel einer lebendigen Demokratie ist es, möglichst vielen Menschen die
Möglichkeit zu
geben, ihre konkrete Lebensrealität und ihre Zukunft aktiv mitzugestalten.
Demokratie
braucht Parteien. Sie sind der Ort, wo Menschen ihre politischen Haltungen,
Interessen und
Ziele organisieren und diese in die öffentliche und parlamentarische
Auseinandersetzung
tragen können. Parteien wirken bei der Meinungsbildung mit, bündeln Interessen
und
Werthaltungen und treten in einen demokratischen Wettstreit zur Besetzung von
Parlaments-
und Staatsämtern.
(236) Parteien brauchen eine auskömmliche staatliche Finanzierung. Parteispenden
von
Unternehmen sind immer auch Einflussnahme und Lobbyismus. Spenden an Parteien
von
natürlichen Personen sind mit einer jährlichen Obergrenze zu versehen, um die
Unabhängigkeit
von ökonomisch mächtigen Interessen zu garantieren. Solange Unternehmensspenden
erlaubt
sind, sprechen wir uns für eine Begrenzung der Wahlkampfbudgets von Parteien
aus.
(237) Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern die repräsentative
Demokratie. Mit
Bürgerräten soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei ausgewählten Themen die
Alltagsexpertise von Bürger*innen noch direkter in die Gesetzgebung einfließen
zu lassen.
Zufällig ausgewählte Bürger*innen beraten in einem festgelegten Zeitraum über
eine konkrete
Fragestellung und erarbeiten Handlungsempfehlungen und Impulse für die
öffentliche
Auseinandersetzung und die parlamentarische Entscheidung. Es gilt
sicherzustellen, dass die
Teilnehmer*innen sich frei, gleich und fair eine Meinung bilden können und dass
ihnen
ausreichend Raum für eine intensive Auseinandersetzung mit der Fragestellung
gegeben wird.
Bürgerräten kommt eine rein beratende Funktion für die öffentliche Debatte und
Gesetzgebung
zu. Regierung und Parlament müssen sich mit den Ergebnissen auseinandersetzen,
ihnen aber
nicht folgen. Bürgerräte können auf Initiative der Regierung, des Parlaments
oder als
Bürgerbegehren zu einer konkreten Fragestellung eingesetzt werden. Das soll auch
auf
Bundesebene möglich sein.
(238) Die Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam meistern.
Daher brauchen
wir eine gestärkte politische Europäische Union. Es gilt, die EU im Zuge
weiterer
Integrationsschritte gemeinsam mit den europäischen Bürger*innen zu stärken und
perspektivisch zur Föderalen Europäischen Republik weiterzuentwickeln.
(239) Die Föderale Europäische Republik schafft einen Rahmen, in dem sich nicht
einzelne
mächtige Interessen oder Regierungen durchsetzen, sondern das Allgemeinwohl. In
ihr werden
gleiche Rechte für alle Bürger*innen über die EU-Grundrechtecharta verbindlich
garantiert,
und zwar unabhängig davon, in welchem Land der Republik jemand lebt. So wird die
Souveränität der Bürger*innen gestärkt. Es gilt das Prinzip der Subsidiarität,
wonach
Aufgaben und Zuständigkeiten auf der jeweils untersten möglichen Ebene –
Kommune, Land,
Bund, EU – behandelt werden.
(240) Der zentrale Ort für alle europäischen Entscheidungen ist das Parlament.
Es ist in
einem Zweikammersystem zusammen mit dem Rat ein gleichberechtigter Teil der
gesetzgebenden
Gewalt. Das Europäische Parlament wird ermächtigt, selbst Gesetze auf den Weg zu
bringen,
alle Politikbereiche der Union und das Budget zu kontrollieren. Die EU-
Kommission soll in
der Föderalen Europäischen Republik Teil eines parlamentarischen
Regierungssystems sein. Der
Haushalt speist sich auch aus eigenen Mitteln und wird vom Europäischen
Parlament
beschlossen. Er verfügt über eigene Steuereinnahmen und ist groß genug ist, um
makroökonomisch zu stabilisieren und in schweren Krisen Zuschüsse in die
nationalen
Haushalte zu leisten.
(241) Wir denken Politik von unten nach oben. Dörfer und Städte, in denen wir
leben, geben
Halt in einer komplexen Welt, daher sind Kommunen zu stärken. Den Stimmen der
Regionen
wollen wir auf europäischer Ebene mehr Gewicht verleihen. Demokratische
Entscheidungen
müssen so nah wie möglich an den Bürger*innen getroffen werden und immer dort,
wo sie am
besten zu verwirklichen sind – in den Gemeinden und Städten, auf Landesebene, in
den
Nationalstaaten oder auf Ebene der EU.
(242) Kooperationen zwischen den Ländern und zwischen den Kommunen sollen
gestärkt werden.
Sinnvoll sind sie da, wo sie zu Effizienz- und ökologischen Gewinnen und
gleichwertiger
Versorgung führen, etwa bei gemeinsamen Gewerbe- und Baugebieten, regionaler
Daseinsvorsorge, Klimaschutz und Bewältigung der Klimafolgen, bei
Digitalisierung und
Mobilität.
(243) Länder und Kommunen brauchen eine eigene politische Gestaltungsfähigkeit
sowie einen
größeren Handlungsspielraum, insbesondere bei den sogenannten freiwilligen
Leistungen. Das
Konnexitätsprinzip zwischen Bund und Ländern führt dazu, dass eine auskömmliche
und
aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen gesichert ist. Es gilt
allerdings nicht
umgekehrt, dass also Kommunen oder Länder, die Aufgaben nicht wahrnehmen, sich
an der
Aufgabenerfüllung auf anderer Ebene beteiligen müssen. Das wollen wir ändern,
dafür wollen
wir einen Altschuldenfonds einführen sowie ein Investitionsprogramm
Daseinsvorsorge
auflegen.
(244) Erst wenn sich Menschen sicher fühlen, leben sie frei, selbstbestimmt und
in Würde.
Sicherheit muss für alle gleich garantiert sein, egal, wo jemand wohnt, was
jemand glaubt,
wen jemand liebt, wie jemand aussieht oder woher jemand und seine Vorfahren
kommen. Freiheit
und Sicherheit bedingen sich.
(245) Der Rechtsstaat ist der Garant für den Schutz der individuellen
Freiheitsrechte und
der vielfältigen Demokratie. Ein funktionierender Rechtsstaat bedeutet: Alle
Menschen sind
gleich vor dem Gesetz und haben dieselben Rechte und Pflichten. Der Rechtsstaat
schützt die
Grund- und Abwehrrechte des oder der Einzelnen gegenüber staatlichen Eingriffen
und
exekutivem Handeln. Damit dieser Rechtsstaat funktioniert, braucht es eine
unabhängige und
gut ausgestattete Justiz, die in der Lage ist, Recht zu sprechen, exekutive,
behördliche
oder legislative Maßnahmen effektiv zu prüfen und gegebenenfalls wirksam zu
korrigieren.
Vertrauen in den Rechtsstaat setzt Rechtsdurchsetzung voraus.
(246) Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte haben mit dem
Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland sowie der Europäischen Grundrechtecharta ein starkes
Fundament.
Doch auch ein Fundament muss gepflegt und modernisiert werden. Die Verfassung
definiert
unser Gemeinwesen als wehrhafte Demokratie. Demokratie ist unsere Stärke und ihr
konsequenter Schutz ist handlungsleitend.
(247) Damit Rechtsstaatlichkeit in den europäischen Demokratien nicht noch
weiter unter
Druck gerät, muss die Vergabe von EU-Mitteln stärker an rechtsstaatliche
Prinzipien geknüpft
werden und der Anwendungsbereich der EU-Grundrechtecharta auf nationales Recht
ausgeweitet
werden. So erhalten alle EU-Bürger*innen die gleichen einklagbaren Grundrechte.
(248) Die öffentliche Sicherheit und den Schutz vor Gewalt zu gewährleisten,
gehört zu den
wichtigsten Aufgaben des Rechtsstaates. Jede*r hat das Recht auf ein Leben frei
von Gewalt.
Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Dies ernst zu nehmen bedeutet, ein Ende des
privaten
Besitzes von tödlichen Schusswaffen mit Ausnahme von Jäger*innen und
Förster*innen sowie
illegalen Waffenbesitz stärker zu kontrollieren und zu ahnden.
(249) Rechtsextremismus und Rassismus sind die größte Gefahr für die liberale
Demokratie und
die Sicherheit in Deutschland. Rassismus, der von rechtsextremistischen
Netzwerken und
Verfassungsfeinden in und außerhalb der Parlamente geschürt wird, ist der
geistige Nährboden
für terroristische Anschläge. Die Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen
muss Priorität
für alle Sicherheitsorgane haben.
(250) Islamismus stellt sich gegen Demokratie, Menschenrechte und Freiheit. Der
Staat muss
in der Lage sein, jede Form von Terror und Fundamentalismus abzuwehren. Dazu
gehören neben
sicherheitspolitischen Maßnahmen auch Prävention und Deradikalisierungsprogramme
in aktiver
Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendeinrichtungen und Moscheevereinen.
(251) Der Schutz unserer Verfassung und der Grundwerte ist unser aller Auftrag.
Es gilt, die
Aufgaben des Verfassungsschutzes zwischen Gefahrenerkennung und Spionageabwehr
mit
nachrichtendienstlichen Mitteln einerseits und der Beobachtung von demokratie-
und
menschenfeindlichen Bestrebungen mit wissenschaftlichen Methoden unter der
ausschließlichen
Nutzung von öffentlichen Quellen andererseits voneinander zu trennen, so dass
die
Öffentlichkeit in der Lage ist, darauf zu reagieren. Es braucht eine starke
parlamentarische
Kontrolle der Geheimdienste.
(252) Polizei und Sicherheitsorgane garantieren die Sicherheit im Innern. Als
sichtbarer Arm
des staatlichen Gewaltmonopols ist die Polizei in besonderer Weise Hüterin und
Verteidigerin
von Rechtsstaat und wehrhafter Demokratie. Dafür braucht sie eine gute
Ausstattung und
ausreichend Personal – in der Stadt wie auf dem Land. Sie ist auf das Vertrauen
aller
Bürger*innen angewiesen. Bei Fehlverhalten müssen Fehler, strafbares Verhalten
und
strukturelle Mängel ohne falsche Rücksichten aufgeklärt und geahndet werden.
(253) Unser Leitbild ist das einer faktenbasierten Kriminal- und
Sicherheitspolitik, die auf
Prävention, Rechtsstaat und Information setzt. Sie koordiniert Verantwortung und
geht den
notwendigen Umbau der Sicherheitsarchitektur an. Anlasslose
Massendatenspeicherung schränkt
individuelle Freiheitsrechte der Bürger*innen ein.
(254) Durch den grenzüberschreitenden Ausbau der Zusammenarbeit von Polizei und
Justiz durch
gemeinsame europäische Polizeiteams, ein Europäisches Kriminalamt und
europäische
Staatsanwaltschaften wird in der Sicherheitspolitik zunehmend europäisch
koordiniert und
kooperiert. Bei der Reform der föderalen Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden
werden
einheitliche Standards geschaffen, so dass verstärkt gemeinsam ermittelt werden
kann.
(255) Strafrecht als schärfster Eingriff des Staates in die Freiheitsrechte darf
nur
äußerstes Mittel sein, denn es ist nicht das Allheilmittel zur Lösung
gesellschaftlicher
Probleme aller Art. Damit das Strafrecht wirkt und Sicherheit schafft, müssen
Haftbefehle
zügig vollzogen werden. Die Justiz ist entsprechend auszustatten. Damit die
Justiz gut
funktionieren kann, muss sie in der Lage sein, sich auf das Wesentliche zu
konzentrieren.
Deswegen ist das Strafrecht zu entrümpeln, indem Bagatellstraftaten wie
Schwarzfahren
entkriminalisiert werden. Straf- und Asylrecht müssen klar voneinander getrennt
werden. Im
Bereich des Strafvollzugs soll Resozialisierung im Mittelpunkt stehen.
(256) Eine wehrhafte Demokratie muss sich auch online schützen. Demokratische
Willensbildungsprozesse dürfen nicht durch intransparente Social-Media-
Kampagnen, den
Einsatz von Troll-Armeen und automatisierte Computerprogramme (Bots) sowie
weitreichende IT-
Angriffe von Regierungen, Geheimdiensten oder ihnen nahestehenden Gruppierungen
manipuliert
werden. Hierfür braucht es Digitalkompetenz in den zuständigen Behörden,
gesetzliche
Transparenzverpflichtungen, klare internationale Übereinkünfte und eine
rechtsstaatliche
Verfolgung über Ländergrenzen hinweg.
(257) Die Rechtsdurchsetzung muss auch im Netz umfassend gegeben sein. Hass im
Netz trifft
gerade Frauen und diskriminierte Gruppen besonders stark. Wenn sich Verbrechen
ins Internet
verlagern, müssen auch die Ermittlungsfähigkeiten, entsprechend der analogen
Welt, unter
Wahrung des Rechtsschutzes, auf das Netz ausgerichtet sein.
(258) Jede dritte Frau wird einmal in ihrem Leben Opfer von körperlicher oder
sexualisierter
Gewalt. Bildung, Aufklärung, ein Rechtsanspruch auf Schutz und eine verlässliche
Infrastruktur aus Beratungs- und Schutzeinrichtungen können Gewalt gegen Frauen
und Mädchen
verhindern. Dazu gehört auch Prävention und Täterarbeit. Männer, insbesondere
Jungen, die
von (sexualisierter) Gewalt betroffen sind, brauchen eigene Hilfs-, Beratungs-
und
Schutzangebote.
(259) Der Rechtsstaat zeigt sich in einer bürgerorientierten, leistungsstarken
und für alle
zugänglichen öffentlichen Verwaltung. Für verlässliche, transparente Behörden
braucht es
eine angemessene finanzielle, personelle und strukturelle Ausstattung. Die
Aufgaben sind zu
bewältigen, wenn sich die Verwaltung umfassend digitalisiert und automatisiert
und
ressortübergreifend arbeitet. Öffentliche Verwaltung muss auf Augenhöhe mit
finanziell
mächtigen Interessen in Konzernen und Banken agieren.
(260) Staatliche Institutionen müssen für die Vielfalt der Gesellschaft stehen.
Institutionelle Diskriminierung, insbesondere Rassismus, ist trotz formaler
rechtlicher
Gleichheit für viele Bürger*innen Realität. Es bleibt eine wichtige Aufgabe,
durch Vielfalt
und Repräsentanz sowie mit Sensibilisierungsprogrammen und Monitoring dafür zu
sorgen, dass
staatliche Strukturen alle Bürger*innen schützen und gleich behandeln.
Kommentare
Ulf Berner:
[2072] ...umfassend auch für demokratisch-politisch arbeitende Vereine, Gruppen und Organisationen...
[2105] ... öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Bürgermedien und öffentlich-rechtlich organisierte Soziale Medien sowie...
[2125] ...Eine stigmatisierungsfreie Garantie...
[2182] ... Eine digitale Übertragung aller öffentlichen Parlaments-Debatten auf allen politischen Ebenen trägt unmittelbar, niedrigschwellig und barrierefrei zu mehr Transparenz politischer Arbeit bei
[2347] Rechtsextremismus, Rassismus und Nationalismus
[2356] Religiöser Fundamentalismus
Sina Beckmann:
Ulf Berner:
(226) Um sich demokratisch engagieren und sich souverän und selbstbestimmt entscheiden zu können, braucht es die Möglichkeit zur unabhängigen Information. Digitale Plattformen, die nicht von kommerziellen Interessen gesteuert sind, unabhängiger Journalismus in freien Medien, ein unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Bürgermedien und öffentlich-rechtlich organisierte Soziale Medien, sowie solide Medienbildung von Kindesbeinen an sind Schutz gegen demokratiefeindliche Kampagnen und Fake News.
(227) Voraussetzung für Demokratie sind ein gewaltfreier Diskurs und die Akzeptanz der Menschenwürde sowie der unverletzlichen und unveräußerlichen Grund- und Menschenrechte. Eine Gesinnung, die dem oder der Einzelnen seine bzw. ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen abspricht und die definieren will, wer dazugehört und wer nicht, ist undemokratisch. Diskriminierung und Ausgrenzung widersprechen der Idee von politischer Gleichheit. Zivilcourage und rechtsstaatliche Maßnahmen gegen Hass und Entmenschlichung sind zentral für die Wehrhaftigkeit der vielfältigen Demokratie.
(228) Die Interessen von Menschen, die wirtschaftlich und somit sozial an den Rand gedrängt sind, die kaum Zugang zu guter Bildung haben oder die unter den Anstrengungen von prekärer Arbeit leben, sind häufig unterrepräsentiert. Eine Garantie auf ein menschenwürdiges Dasein, ausreichend Zeit für politische Beteiligung sowie die Möglichkeit zur sozialen und kulturellen Teilhabe sind notwendige Bedingungen für Demokratie.
(229) Unser Wirtschaftssystem unterliegt Werten und Regeln, wirtschaftliche Staatsbürgerrechte sind Teil der demokratischen Rechte des Einzelnen. Die sozial-ökologische Marktwirtschaft ist über betriebliche Mitbestimmung, einer sich der Nachhaltigkeit verpflichtenden Aktionärsbeteiligung sowie gewerkschaftliche Vertretung organisiert. All das braucht starke Gewerkschaften. Im Sinne der Gemeinwohlökonomie soll selbstverständlich sein, dass alle Stakeholder und Betroffenen ein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen erhalten.
(230) Verdeckte, einseitige Einflussnahme wirtschaftlich machtvoller Interessen gefährdet die Demokratie. Für klare Schranken sorgen Transparenz von beispielsweise personellen Verflechtungen oder Nebentätigkeiten politischer Entscheidungsträger*innen sowie die entschiedene Verfolgung von Korruption. So kann Lobbyismus von finanzstarken Akteur*innen, der anderen Interessen politische Handlungsräume nimmt und für unfaire Aushandlungsprozesse sorgt, kontrollier- und sanktionierbar werden.Lobbyismus in Parlamenten muss maximal transparent sein. Ein ausführliches Lobbyregister muss auf allen Ebenen parlamentarischer Arbeit eingeführt werden.
(234) Parlamente sind zentrale Orte der politischen Debatte und das Rückgrat unserer vielfältigen Demokratie. Abgeordnete brauchen Unabhängigkeit und starke Kontrollrechte gegenüber der Regierung. Parlamentarismus braucht das Ringen um beste Lösungen zwischen Regierung und Opposition. Gleichzeitig trägt inhaltliche Zusammenarbeit abseits von starren Fraktionsgrenzen wie im Europaparlament und in anderen europäischen Parlamenten zum Finden dieser Lösungen bei. Für das Vertrauen in demokratische Verfahren ist es zentral, die Nachvollziehbarkeit von Regeln, Prozessen und Ergebnissen gewährleisten zu können. Eine digitale Übertragung aller öffentlichen Parlaments-Debatten auf allen politischen Ebenen trägt unmittelbar, niedrigschwellig und barrierefrei zu mehr Transparenz politischer Arbeit bei.
(237) Für uns GRÜNE gilt das Prinzip der Basisdemokratie. Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern die repräsentative Demokratie. Mit Bürgerräten soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei ausgewählten Themen die Alltagsexpertise von Bürger*innen noch direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Zufällig ausgewählte Bürger*innen beraten in einem festgelegten Zeitraum über eine konkrete Fragestellung und erarbeiten Handlungsempfehlungen und Impulse für die öffentliche Auseinandersetzung und die parlamentarische Entscheidung. Es gilt sicherzustellen, dass die Teilnehmer*innen sich frei, gleich und fair eine Meinung bilden können und dass ihnen ausreichend Raum für eine intensive Auseinandersetzung mit der Fragestellung gegeben wird. Bürgerräten kommt eine rein beratende Funktion für die öffentliche Debatte und Gesetzgebung zu. Regierung und Parlament müssen sich mit den Ergebnissen auseinandersetzen, ihnen aber nicht folgen. Bürgerräte können auf Initiative der Regierung, des Parlaments oder als Bürgerbegehren zu einer konkreten Fragestellung eingesetzt werden. Das soll auch auf Bundesebene möglich sein.
(250) Religiöser Extremismus stellt sich gegen Demokratie, Menschenrechte und Freiheit. Der Staat muss in der Lage sein, jede Form von Terror und Fundamentalismus abzuwehren. Dazu gehören neben sicherheitspolitischen Maßnahmen auch Prävention und Deradikalisierungsprogramme in aktiver Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereinen und Bewegungen.
(252) Polizei und Sicherheitsorgane garantieren die Sicherheit im Innern. Als sichtbarer Arm des staatlichen Gewaltmonopols ist die Polizei in besonderer Weise Hüterin und Verteidigerin von Rechtsstaat und wehrhafter Demokratie. Dafür braucht sie eine gute und bundesweit einheitliche Ausstattung, Finanzierung und ausreichend Personal – in der Stadt wie auf dem Land. Sie ist auf das Vertrauen aller Bürger*innen angewiesen. Bei Fehlverhalten müssen Fehler, strafbares Verhalten und strukturelle Mängel ohne falsche Rücksichten aufgeklärt und geahndet werden. Dies soll durch eine unabhängige Behörde erfolgen.
(258) Jede dritte Frau wird einmal in ihrem Leben Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt. Bildung, Aufklärung, ein Rechtsanspruch auf Schutz und eine verlässliche Infrastruktur aus Beratungs- und Schutzeinrichtungen können Gewalt gegen Frauen und Mädchen verhindern. Dazu gehört auch Prävention und Täterarbeit. Männer, insbesondere Jungen, die von (sexualisierter) Gewalt betroffen sind, brauchen eigene Hilfs-, Beratungs- und Schutzangebote.
(258) Körperliche oder sexualisierte Gewalt ist Lebensrealität vieler Menschen. Bildung, Aufklärung, ein Rechtsanspruch auf Schutz und eine verlässliche Infrastruktur aus Beratungs- und Schutzeinrichtungen können Gewalt gegen Menschen deutlich verringern. Dazu gehört auch Prävention und Täterarbeit. Den verschiedenen Gruppen, die von sexualisierter und körperlicher Gewalt betroffen sind, müssen individualisierte Hilfs- Beratungs- und Schutzangebote bereitgestellt werden.
(260) Staatliche Institutionen müssen für die Vielfalt der Gesellschaft stehen. Institutionelle Diskriminierung, insbesondere Rassismus und Sexismus, ist trotz formaler rechtlicher Gleichheit für viele Bürger*innen Realität. Es bleibt eine wichtige Aufgabe, durch Vielfalt und Repräsentanz sowie mit Sensibilisierungsprogrammen und Monitoring dafür zu sorgen, dass staatliche Strukturen alle Bürger*innen schützen und gleich behandeln.